3. Juli 2020
Das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz

Am 03.06.2020 hat sich der Koalitionsausschuss auf ein umfangreiches Konjunktur- und Zukunftspaket geeinigt. Zur Umsetzung der darin vorgesehenen steuerlichen Hilfsmaßnahmen hat der Bundestag und Bundesrat am 29.06.2020 das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet. Die nun verabschiedete Fassung enthält lediglich kleine Abweichungen von dem zuvor veröffentlichten Regierungsentwurf. Im Folgenden werden die einzelnen verabschiedeten steuerlichen Maßnahmen aufgeführt.

Umsatzsteuergesetz (UStG)

1. Senkung der Mehrwertsteuer

Für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 wird der Mehrwertsteuersatz von 19% auf 16% und der ermäßigte Steuersatz von 7% auf 5% gesenkt (§§ 12 Abs. 1, 28 Abs 1 u. 2 UStG).

In dem Zusammenhang ist allerdings auf das bereits am 05.06.2020 verabschiedete (erste) Corona-Steuerhilfegesetz hinzuweisen. Darauf basierend wurde bereits beschlossen, dass für nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.07.2021 erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (ausgenommen die Abgabe von Getränken) der ermäßigte Steuersatz gilt. Es gilt somit zu beachten, wann welcher Mehrwertsteuersatz anzuwenden ist. Nähere Infos hierzu können Sie in unserem Beitrag zur Umsatzsteuersenkung nachlesen.

Hinweis zur Nichtbeanstandungsregelung in einer Unternehmerkette:

Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn ein leistender Unternehmer für eine an einen anderen Unternehmer im Juli 2020 erbrachte Leistung in der Rechnung den Steuersatz ausweist und abführt, der noch vor dem 01.07.2020 galt (d.h. 19% anstatt 16% bzw. 7% anstatt 5%), und den Umsatzsteuerausweis in den Rechnungen nicht berichtigt. Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfängern wird für diesen Zeitraum der Vorsteuerabzug auf Grundlage des ausgewiesenen Steuersatzes gewährt (s. BMF-Schreiben v. 30.06.2020, III C 2 – S 7030/20/10009 :004). Dies gilt jedoch nur für den Monat Juli 2020 und nicht für die gesamte Laufzeit der befristeten Steuerermäßigung.

 2. Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer

Mit dem Ziel Unternehmen mehr Liquidität zu ermöglichen, wird die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer auf den 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats verschoben. Die Verschiebung wird bei Unternehmen, die eine Dauerfristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung nutzen, in der Regel dazu führen, dass ihnen für die Begleichung der Einfuhrumsatzsteuer ein etwaiges Vorsteuerguthaben zu Verfügung steht.

Der Anwendungszeitpunkt wird gesondert mit einem BMF-Schreiben mitgeteilt.

Einkommensteuergesetz (EStG)

1.       Anhebung des steuerlichen Verlustrücktrags

Für Verluste der Veranlagungsjahre 2020 und 2021 werden die Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag gem. § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG im Fall der Einzelveranlagung von 1 Mio. Euro auf 5 Mio. Euro und im Fall der Zusammenveranlagung von 2 Mio. Euro auf 10 Mio. Euro angehoben.

2.       Vorläufiger Verlustrücktrag für 2020

Es soll die Möglichkeit bestehen, einen vorläufigen Verlustrücktrag für 2020 bereits in der Steuererklärung 2019 zu berücksichtigen. Voraussetzung für die Anwendung des vorläufigen Verlustrücktrag für 2020 ist, dass die Vorauszahlungen für das Veranlagungsjahr 2020 auf 0 Euro herabgesetzt wurden.

Auf Antrag wird bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2019 pauschal ein Betrag in Höhe von 30% des Gesamtbetrags der Einkünfte in 2019 als Verlustrücktrag aus 2020 abgezogen. Bei der Berechnung des Verlustrücktrags 2020 sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nicht zu berücksichtigen. Wenn anhand detaillierter Unterlagen (z.B. BWA-Auswertungen) nachgewiesen werden kann, dass der voraussichtliche Verlustrücktrag mehr als 30% beträgt, ist ein Ansetzen von mehr als 30% möglich. Die Steuerfestsetzung für 2019 wird unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen. Der vorläufige (pauschal ermittelte) Verlustrücktrag wird im Rahmen der Veranlagung 2020 überprüft und im Anschluss daran der Steuerbescheid für 2019 entsprechend geändert.

3.       Anpassung von Vorauszahlungen 2019

Um zu ermöglichen, dass die erhöhten Höchstbetragsgrenzen beim Verlustrücktrag bereits im Vorauszahlungsverfahren für 2019 berücksichtigt werden können, wird ein neuer § 110 EStG eingefügt. Auf Antrag können demnach Vorauszahlungen für das Veranlagungsjahr 2019 in Höhe des vorläufigen Verlustrücktrags gem. §10d Abs. 1a EStG nachträglich herabgesetzt werden – d.h. pauschal um 30% des Gesamtbetrags der Einkünfte, der bei der Festsetzung der Vorauszahlungen 2019 berücksichtigt wurde. Dies gilt nicht für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Eine Minderung von mehr als 30% ist möglich, wenn dies anhand von Unterlagen nachgewiesen werden kann. Voraussetzung für die Anwendung ist, dass die Vorauszahlungen für 2020 auf 0 Euro herabgesetzt wurden.

4.       Vorübergehende degressive AfA

Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2019 und vor dem 01.01.2022 angeschafft oder hergestellt worden sind, kann anstatt der derzeit geltenden Abschreibung für Abnutzung (Afa) vorübergehend die degressive Afa mit dem Faktor 2,5 (max. 25% pro Jahr) angewendet werden (§ 7 Abs. 2 EStG).

5.       Fristen bei Investitionsabzugsbeträgen

Grundsätzlich sind Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG bis zum Ende des 3. auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzuges folgenden Wirtschaftsjahres für begünstigte Investitionen zu verwenden. Diese Investitionsfrist wird für Fälle, in denen die Investitionsabzugsbeträge nach dem 31.12.2016 und vor dem 01.01.2018 beansprucht wurden (d.h. Ablauf der dreijährigen Investitionsfrist in 2020), auf 4 Jahre verlängert.

6.       Fristen bei Reinvestitionsrücklage

Die Reinvestitionsfristen des §6b EStG werden vorübergehend um ein Jahr verlängert. In Fällen, in denen am Schluss des nach dem 29.02.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahres noch eine Reinvestitionsrücklage vorhanden ist und nach §6b Abs. 3 Satz 5, Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 5 oder Abs. 10 Satz 8 EStG aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist erst am Schluss des darauffolgenden Wirtschaftsjahres.

7.       Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb

Im Rahmen der Gewerbesteueranrechnung belief sich der Ermäßigungsfaktor bislang gem. § 35 EStG auf 3,8 des Gewerbesteuer-Messbetrags. Dieser wird nun auf 4,0 des Gewerbesteuer-Messbetrags erhöht.

8.       Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Der derzeit bestehende Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 1.908 Euro wird für 2 Jahre auf 4.008 Euro angehoben (§24b Abs. 2 Satz 3 EStG). Der Erhöhungsbeitrag für jedes weitere Kind um je 240 Euro soll unverändert bleiben.

9.       Dienstwagenbesteuerung

Bei der 0,25%-Besteuerung von rein elektrischen Dienstwagen wird die Kaufpreisgrenze von 40.000 Euro auf 60.000 Euro erhöht (§6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 Nr. 3 EStG). Die Änderung gilt für Fahrzeuge, bei denen die Anschaffung, das Leasing oder die erstmalige Überlassung zur privaten Nutzung nach dem 31.12.2018 erfolgte.

Gewerbesteuergesetz (GewStG)

Der Freibetrag für die existierenden Hinzurechnungen im Sinne des §8 Nr. 1 GewStG (Finanzierungsaufwendungen) wird von 100.000 Euro auf 200.000 Euro erhöht.

Bundeskindergeldgesetz (BKKG): Einmaliger Kinderbonus

Für jedes kindergeldberechtigte Kind gibt es einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind (§6 Abs. 3 BKKG). Der erhaltene Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet und nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Die Auszahlung wird in zwei Teilen erfolgen – 200 Euro im September 2020 und 100 Euro im Oktober 2020. Ein Anspruch auf die 300 Euro besteht bereits dann, wenn für ein Kind mindestens für einen Monat im Jahr 2020 ein Anspruch auf Kindergeld besteht (§ 66 Abs. 1 Satz 3 EStG).

Forschungszulagengesetz (FZulG): Steuerliche Forschungszulage

Die maximale Bemessungsgrundlage der steuerlichen Forschungszulage für förderfähige Aufwendungen wird von 2 Mio. auf 4 Mio. Euro angehoben (§3 Abs. 5 FZulG). Dies gilt für Aufwendungen, die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.07.2026 entstanden sind.

Abgabenordnung (AO) – Änderungen im Steuerstrafrecht

In Fällen der Steuerhinterziehung kann aufgrund des neuen §375a AO zukünftig die Einbeziehung rechtswidrig erlangter Taterträge nach §§73 bis 73c des Strafgesetzbuches trotz Erlöschens des Steueranspruchs nach §47 AO angeordnet werden. Nicht nur hinterzogene Steuern, sondern auch die Zinsen, die auf die hinterzogenen Steuern entfallen, sollen von der Regelung erfasst werden.

Zudem wird durch eine Ergänzung in §376 Abs. 1 AO gesetzlich geregelt, dass auch bei besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung und der dort vorgesehenen 10-jährigen Verjährungsfrist die Ruhensregelung des §78b Abs. 4 StGB Anwendung finden kann.

Für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 6 AO) wird nach §376 Abs. 3 AO die absolute Verjährungsfrist auf das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist verlängert.

 

Sollten Sie Fragen zu einzelnen steuerlichen Hilfsmaßnahmen haben, sprechen Sie uns gerne an. Wir unterstützen Sie gerne!

Olaf Neumann
Steuerberater | Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)
oneumann@dierkes-partner.de
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