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28. August 2020
Nachfolge in Corona-Zeiten: Chance dank Wertminderungen?

Unternehmer stehen aktuell vor zahlreichen Herausforderungen: Wie ist die Auftragslage? Kann ich meine Arbeitnehmer weiter voll beschäftigen oder muss ich Kurzarbeit anmelden? Wie sieht es mit staatlichen Unterstützungen aus? Bei Fragen hierzu schauen Sie gerne bei unseren Covid-19-Seiten vorbei.

Der eine oder andere denkt vielleicht auch an die nächste Generation. Wie und wann soll Vermögen übergehen? Ist vielleicht genau jetzt der richtige Zeitpunkt, Aktien oder Unternehmensanteile zu übertragen? Wie so oft im Recht / Steuerrecht gibt es keine eindeutige Antwort. Der Einzelfall ist von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Neben rechtlichen und steuerlichen Aspekten darf die emotionale Komponente auch nicht vergessen werden. Durch die weiterhin bestehenden rechtlichen Einschränkungen ist aus Beratersicht genau jetzt der richtige Zeitpunkt, sich auch mit solchen oft als unangenehm empfundenen Fragestellungen zu beschäftigen.

Allgemein gilt: Haben Sie schon eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht? Wer sichergehen möchte, dass im Falle eines Falles im eigenen Sinne durch selbst bestimmte Personen entschieden wird, sollte sich hier Rat suchen und solche oft lästig scheinenden Formalitäten erledigen.

Sie sollten auch an Ihren Erbfall denken: Wissen Sie, wer im Todesfall erben würde und ist das in Ihrem Sinne? Wir erleben in der Praxis häufig, dass Mandanten über das Ergebnis eines „Probesterbens“ überrascht sind – und nur wer rechtzeitig und vorausschauend plant, kann seine Wünsche umsetzen.

Selbst wenn Sie schon alles geregelt haben, bietet sich in regelmäßigen Abständen eine Prüfung Ihres Status Quo an. Gegebenenfalls kann durch Vorabübertragungen in die nächste Generation die Erbschaftsteuerbelastung reduziert werden. Bei vorausschauender Planung kann die Summe des steuerfrei übertragbaren Vermögens über mehrere Jahrzehnte erheblich erweitert werden. Auch lässt sich so vermeiden, dass die Erben gezwungen sind, zur Begleichung von Erbschaftsteuer Nachlassvermögen zu liquidieren oder zu belasten.

Hierbei kann sich die aktuelle Marktlage positiv auswirken. Denn die Schenkungsteuerbelastung knüpft stichtagsbezogen an den gemeinen Wert des Vermögens bei Übertragung an. Sind die Werte des Vermögens gemindert, wie eventuell aktuell im Zusammenhang der Covid-19 Epidemie, fallen im Ergebnis weniger Steuern an oder der Wert der Übertragung liegt unter den anzuwendenden Freibeträgen, sodass keine Steuerbelastung eintritt.

Folgendes Beispiel soll der Verdeutlichung dienen: Unternehmerin U besitzt ein umfangreiches Wertpapierdepot und daneben eine 100%-Beteiligung an einer GmbH. Das Depot möchte sie an den Sohn S und das Unternehmen an Tochter T weitergeben. Die letzte Bewertung wurde vor rund 2 Jahren vorgenommen und ergab einen Wert des Depots von rund 5 Mio. EUR.

Sohn S verfolgt täglich die Börsenkurse und teilt seiner Mutter mit, dass Stand heute das Depot einen Wert von etwa EUR 4 Mio. hat. Im Vergleich zur vorherigen Wertermittlung würde sich aufgrund des geminderten Depotwertes somit eine Minderbelastung mit Schenkungsteuer i.H.v. TEUR 150 ergeben. Erholen sich die Kurse zu einem späteren Zeitpunkt wieder, fällt auf die Werterholung keine zusätzliche Schenkungsteuer an. Eine Übertragung könnte sich demnach aktuell lohnen.

Wie ist die Situation bei Tochter T, die Anteile an der GmbH erhalten soll? Grundsätzlich müsste sich – gleicher Wert unterstellt – doch auch die gleiche steuerliche Belastung ergeben.

Hier sind nun die erbschaftsteuerlichen Besonderheiten für Betriebsvermögen zu beachten.

Die Bewertung erfolgt regelmäßig nach dem „vereinfachten Ertragswertverfahren“ nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes. Hierbei ermittelt sich der Wert der GmbH auf Basis der historischen Ertrags-Daten der vorangegangenen drei Geschäftsjahre. Eventuell wertmindernde Effekte aus dem Corona-Jahr 2020 können anstelle des drittletzten Jahres nach dem Gesetz für die Ermittlung des vereinfachten Ertragswertverfahrens nur berücksichtigt werden, wenn sie „von Bedeutung“ sind, § 201 II 2 BewG. Selbst wenn dies zur Anwendung gelangt, würde sich der aktuell eventuell niedrige Unternehmensertrag nur zu einem Drittel bei der Wertermittlung auswirken. Langfristig geminderte Ertragsaussichten werden so regelmäßig unterrepräsentiert. Wer darauf spekuliert, muss die Schenkung zwangsweise mindestens in das nächste, gegebenenfalls in das übernächste Jahr verschieben.

Zusammengefasst gilt: Die aktuellen Corona-Zeiten können im Hinblick auf die Erbschafts- und Schenkungsteuer Chancen bei der Übertragung von Vermögen auf die nachfolgende Generation eröffnen.

Bei näheren Fragen zu Einzelheiten stehen Ihnen als Ansprechpartner gerne zur Verfügung:

Klaus Dieter Schäfer
Steuerberater | Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)
kschaefer@dierkes-partner.de
Telefon +49 - (0)40 - 36156 - 0

Simon Thering
Wirtschaftsprüfer | Steuerberater
sthering@dierkes-partner.de
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