igorovsyannykov / pixabay
16. April 2020
Corona-Pandemie: Gutscheine statt Rückerstattung für abgesagte Veranstaltungen und geschlossene Freizeiteinrichtungen?

Die aktuelle Situation

Nach aktuell geltendem Recht können sich die Inhaber von Eintrittskarten oder Saison- und Jahreskarten ihre bereits gezahlten Eintrittsgelder von dem jeweiligen Veranstalter oder Betreiber einer Freizeiteinrichtung erstatten lassen, wenn aufgrund der Covid-19-Pandemie eine Veranstaltung wie ein Konzert oder eine Sportveranstaltung nicht stattfinden konnte bzw. eine Freizeiteinrichtung geschlossen werden musste.

Da die Veranstalter und Freizeiteinrichtungen infolge der Krise kaum neue Einnahmen generieren können, bestünde die Gefahr, dass sie bei kurzfristiger Rückzahlung der Gelder für alle abgesagten Veranstaltungen in ihrer Existenz bedroht wären.

Gleichzeitig sollen Verbraucher davor geschützt werden, dass ihre Erstattungsansprüche durch Insolvenzen wirtschaftlich wertlos würden.

Der Gesetzesentwurf

Die Bundesregierung hat am 08.04.2020 den vom Bundesministerium der Justiz vorgelegten Entwurf zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht gebilligt, wonach Kunden für den Fall Pandemie-bedingter Absagen von Veranstaltungen und der Schließung von Freizeiteinrichtungen bis auf wenige Ausnahmen Gutscheine statt Rückzahlung des Geldes erhalten sollen.

Für vor dem 08.03.2020 erworbene Tickets soll der Veranstalter bzw. der Betreiber einer Freizeiteinrichtung den Käufern anstelle einer Erstattung der Kosten einen Gutschein aushändigen dürfen. Der Wertgutschein kann dann entweder für die entsprechende Nachholveranstaltung oder alternativ für eine andere Veranstaltung eingelöst werden.

Nur in Ausnahmefällen sollen Kunden ihr Geld zurückerhalten. Dies soll der Fall sein, wenn die „Annahme eines Gutscheins aufgrund der persönlichen Lebensverhältnisse unzumutbar ist“. Im Gesetzesentwurf heißt es dazu: „Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift dürften etwa dann erfüllt sein, wenn der Inhaber einer Eintrittskarte die Veranstaltung im Rahmen einer Urlaubsreise besuchen wollte und einen Nachholtermin nur unter Aufwendung hoher Reisekosten wahrnehmen könnte. Sie dürften ebenfalls erfüllt sein, wenn der Inhaber des Gutscheins ohne die Auszahlung des Gutscheinwerts nicht in der Lage ist, existenziell wichtige Lebenshaltungskosten wie Miet- oder Energierechnungen zu begleichen.“

Sollte der Gutschein bis zum 31.12.2021 nicht eingelöst worden sein, bekommen die Kunden das Geld ebenfalls erstattet.

Kritik am Entwurf

Kritik an dem Entwurf kommt unter anderem von den Justizministern der Partei Bündnis 90/Die Grünen, etwa dem Hamburger Senator für Justiz Dr. Till Steffen. Sie führen in einer Pressemitteilung aus: „Bei Veranstaltungen sollte die Bundesregierung zunächst nicht auf Zwang, sondern auf Freiwilligkeit setzen und dies durch Insolvenzschutz unterstützen. Viele Menschen verzichten bereits jetzt schon freiwillig auf die Rückerstattung, um ihre lokalen Kulturbetriebe und Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen. Dieses positive Verhalten sollte aufgegriffen und unterstützt, anstatt aufgezwungen werden. Zudem ist es unfair, Großveranstalter genauso zu behandeln wie Kleinstveranstalter, denen oft schon nach kurzer Zeit die Puste ausgeht. Hier muss, wie auch bei den Hilfen für die Wirtschaft, eine Differenzierung vorgenommen werden.“

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert den Gesetzesentwurf in der jetzigen Ausgestaltung.

Konkret kritisiert wird etwa, dass es keine Absicherung der Verbraucher bei der Insolvenz des Anbieters gibt. Dadurch wird das Insolvenzrisiko auf die Verbraucher abgewälzt. Die Gutscheine sind nicht abgesichert. Wenn der Veranstalter trotz der Maßnahmen insolvent geht, bleiben Verbraucher auf ihren Kosten sitzen.

Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzesentwurf in seiner jetzigen Fassung beschlossen wird. Der Gesetzesentwurf muss noch durch den Bundestag sowie Bundesrat.

Sebastian Schütt
Rechtsanwalt
sschuett@dierkes-partner.de
Telefon +49 - (0)40 - 36156 - 122