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21. April 2020
Auswirkungen von Sars-CoV-2 auf Unternehmensnachfolgen

Aufgrund der Corona-Krise befinden sich viele Unternehmen, darunter vor allem Mittelständler, derzeit in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Diese kann später zu ungewollten Steuerfolgen im Rahmen von Unternehmensnachfolgen führen.

Steuerliches Ziel der Nachfolgeplanung ist unter anderem, möglichst keine oder nur geringe Erbschaft- oder Schenkungsteuerzahlungen zu generieren, die mangels Liquidität nicht gezahlt werden können. Denn der Erwerber erhält regelmäßig nur im Betrieb gebundenes Kapital, während die Steuerbelastung ihn persönlich trifft und durch den Wert des Unternehmens beeinflusst ist. Dieses Ziel kann durch die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen gemäß §§ 13a ff. ErbStG erreicht werden: hier kann zwischen Regelverschonung (85 % Steuerbefreiung) und Optionsverschonung (100 % Steuerbefreiung) gewählt werden. Die Steuerfreiheit wird aber zum Preis der Lohnsummen- und Behaltensfristen (5 bzw. 7 Jahre nach Erwerb) gewährt. Konkret soll der Erwerber das Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze halten und weiterführen. Diese Vorgaben werden durch die Corona-Krise erheblich erschwert, zwei Beispiele:

1.    Sinkende Gehälter

Kurzarbeit, Entlassungen und die drohende Rezession lassen das Lohn- und Gehaltsniveau der Unternehmen voraussichtlich nachhaltig absinken. Dies hat Konsequenzen für den sogenannte Lohnsummentest (§ 13a III ErbStG). Erwerber von Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten haben mindestens eine Lohnsumme von 400 % der Ausgangslohnsumme über 5 Jahre zu erhalten. Anders ausgedrückt muss der Erwerber in der Regelverschonung 80 % des Ausgangslohnniveaus bei Übertragung über die nachfolgenden 5 Jahre halten, bei der Optionsverschonung sind es 100 % (700 % über 7 Jahre). Wird dieser Wert nicht erreicht, geht der Verschonungsabschlag (85 % bzw. 100 % Steuerbefreiung) anteilig verloren.

Verglichen wird dabei das ungewichtete durchschnittliche Ausgangslohnniveau der letzten 5 Jahre vor Übertragung mit den folgenden 5 Jahren. Gerade bei Unternehmensübergaben, die kurz vor der Corona-Krise stattfanden, ist der Effekt gravierend. Durch die gute Konjunktur war das Beschäftigungs- und Lohnniveau in den letzten Jahren bei wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmen üblicherweise hoch. Diese „lohnstarken“ Jahre werden für die Berechnung als Ausgangslohnsumme zu Grunde gelegt und mit den kommenden, Corona-bedingt eher wirtschaftlich schwachen, Jahren verglichen.

Immerhin mindern die Erstattungen der Bundesagentur für Arbeit (Kurzarbeitergeld) dabei nicht die Lohnsumme im Beobachtungszeitraum (R E 13a.5 S. 4 ErbStR 2019). Ein möglicher Ansatzpunkt zur Vermeidung einer drohenden Unterschreitung ist die Aufstockung des Kurzarbeitergelds, um so bestenfalls das Lohnniveau zu erhalten. Dies sollte allerdings im Einzelfall vorab geprüft werden. Gegenmaßnahmen, um die drohende Unterschreitung zu beseitigen, wirken sich nämlich umso weniger aus, je weiter sie zum Ende der 5- bzw. 7-Jahresfrist erfolgt.

2.    Sanierungsmaßnahmen

Werden zur Beseitigung kurzfristiger Liquiditätsengpässe bspw. der übernommene Betrieb, Teile des Betriebs, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von über 25 % oder auch nur wesentliche Betriebsgrundlagen veräußert, löst dies die zeitanteilige Nachversteuerung aufgrund Verstoßes gegen die Behaltensfristen (§ 13a VI ErbStG) aus, wenn nicht in ebenfalls begünstigtes Vermögen reinvestiert wird. Übermäßige Gewinnausschüttungen oder Entnahmen von Liquidität zur Deckung von Liquiditätsengpässen außerhalb des Unternehmens sind ebenfalls schädlich. Vor dem Hintergrund erscheint es dringend ratsam, solche und ähnliche Maßnahmen vorab mit dem Nachfolgeberater abzustimmen, um keine böse Überraschung am Ende der Behaltensfrist fürchten zu müssen.

 

Kritikwürdig erscheint, dass sich weder BMF noch die Politik zu abmildernden Maßnahmen in dieser außergewöhnlichen Zeit haben durchringen können. Denn eine Situation wie der Shutdown im Zuge der Coronapandemie ist weder plan- noch vorhersehbar gewesen. Abmilderungen der Nachversteuerungsregelungen scheinen daher angezeigt.

Nach aktuellem Stand ist Erwerbern, die Steuerbefreiungen in Anspruch genommen haben und sich noch innerhalb der 5- bzw. 7-Jahresfrist befinden, zu raten, ein Auge auf die nachlaufenden Lohnsummen- und Behaltensfristen zu haben. Erwerber, die vor dem 07.06.2013 erworben haben, können dabei ggf. noch von der besseren alten Rechtslage profitieren. Im Zweifel sollte aber eine enge Abstimmung mit dem Nachfolgeberater erfolgen. So können unliebsame Überraschungen vermieden werden. Ist derzeit eine Unternehmensnachfolge in Planung, empfiehlt sich, ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der Löhne und Gehälter vor dem Hintergrund der Lohnsummenfrist zu legen.

Lars Starke, LL.M.
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